Bürgernahe Sprache

Schreiben von Behörden und Verwaltung

Trichterförmiges Diagramm der 5 Sprachebenen der deutschen Sprache. Bürgernahe Sprache befindet sich in der Mitte über der Leichten Sprache und der Einfachen Sprache. Darüber folgen die Gesetze und Normen und als schwierigste Stufe die Fachsprache der Behörden und Verwaltung.

Eines der ersten Projekte im Bereich der bürgernahen Sprache war die Initiative des Kreises Harburg in Niedersachsen. Dort hatte der Landrat bereits 2004 den Medienberater Peter Berger engagiert, um für die Behördenmitarbeiter Kurse in verständlichem Amtsdeutsch zu konzipieren. Das Projektteam erhielt anschließend so viele Anfragen aus anderen Kommunen, dass aus den wesentlichen Inhalten das Buch „Flotte Schreiben vom Amt: Eine Stilfibel“ entstand.

Seitdem gab es etliche Projekte und Veröffentlichungen zur bürgernahen Sprache. Hier nur eine kleine Auswahl:

  • „Bürgernahe Verwaltungssprache“, Hrsg. Bundesverwaltungsamt
  • „Leitsätze für eine bürgerfreundliche Verwaltungssprache“, Hrsg. Landeshauptstadt Wiesbaden und Gesellschaft für Deutsche Sprache.
  • „Wie kann die Verständlichkeit behördlicher Texte verbessert werden?“, Hrsg. Normenkontrollrat Baden-Württemberg und Leibniz Institut für Deutsche Sprache (IDS)

Fortschritte bei der bürgernahen Sprache

Der Normenkontrollrat Baden-Württemberg befasst sich u. a. seit 2017 mit der Verbesserung der Qualität von Rechtstexten. Denn „trotz einer Reihe von Handreichungen zur besseren und verständlicheren Behördensprache“ scheint es „bislang so gut wie keine Fortschritte auf diesem Gebiet zu geben“, heißt es in der letztgenannten Handreichung.

Bei der Fachtagung „Einfache Sprache – verständliche Behördenkommunikation“ des Städtetags Baden-Württemberg am 20.07.2021 berichteten die Teilnehmenden aus zahlreichen Kommunen im Ländle von einer heterogenen Lage in ihren Kommunalverwaltungen. Während manche Kommunen schon lange an ihrer Kommunikation arbeiten und erfolgreiche Projekte umgesetzt haben, stehen andere Teilnehmende noch ganz am Anfang und müssen viel Überzeugungsarbeit leisten. Bei der Tagung vertreten waren u. a. IntegrationsmanagerInnen, ReferentInnen der Stadtverwaltungen und Bürgermeisterämter sowie Inklusionsbeauftragte.

Messbarer Nutzen

Grundsätzlich profitieren alle Adressaten, aber auch die Behörden und Kommunen selbst von einer bürgernahen Verwaltungssprache. Wer gut verständliche Schreiben verschickt, erhält weniger Rückfragen. Bürger und Bürgerinnen nehmen ihre Termine nicht nur wahr, sondern sind auch besser darauf vorbereitet und insgesamt zufriedener. Das spart sowohl Zeit als auch Geld. Mit Blick auf die Zielgruppe mit Migrationshintergrund baut eine verständliche Sprache auch Frustrationen und Hürden auf dem Weg zur Integration ab.

Konkret messbar ist das Potenzial in diesem Beispiel: Kürzlich ist der Evaluationsbericht zum Integrationsmanagement in Baden-Württemberg erschienen. Baden-Württemberg hatte 1.000 Integrationsmanager eingestellt. Diese gaben an, dass sie 50 Prozent ihrer Arbeitszeit für das Erklären von Antragsformularen, Mitteilungen und Bescheiden aufwenden. Diese Schreiben werden teilweise von den Kollegen und Kolleginnen im eigenen Haus verfasst. Wiederholt und immer wieder gleichermaßen schwer verständlich.

Kommunikation auf Augenhöhe

Im Interesse der bürgernahen Kommunikation stellen Verwaltungen und Kommunen ihren Sprachgebrauch um. Dabei spielen sowohl die Wort- als auch die Satz- und Textebene eine Rolle. Beispielsweise soll auf fachsprachliche Formulierungen („Inanspruchnahme“ statt „nutzen“), altmodische Formulierungen („anheimstellen“) und Komposita wie „Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz“ verzichtet werden. Schachtelsätze werden entzerrt und Inhalte klarer gegliedert. Es ist hilfreich, wenn jeder Satz nur eine Aussage enthält. Die Empfehlungen für die bürgernahe Kommunikation wirken wie eine Erweiterung der Einfachen Sprache.

Ferner spielt die gendergerechte Sprache eine wesentliche Rolle. Bürgernähe und Ansprache auf Augenhöhe nehmen den Platz des altmodischen Obrigkeitsdenkens und Amtsgehabes ein.

Dieser Blogartikel ist eine Kurzfassung des Artikels “Auf Augenhöhe kommunizieren”. Die vollständige Version können Sie unten als PDF lesen oder herunterladen.

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