„Ein Normtext“ ist nie für alle verständlich“, das sagt Friedemann Vogel. Er ist Sprachwissenschaftler und forscht unter anderem zu Fachsprache, insbesondere zur juristischen. Er hat mit seinem Team die Arbeit der im Bundesjustizministerium angesiedelten “Gesetzesredaktion” untersucht. Aber schlägt er einen neuen Ansatz für Verständlichkeit von Gesetzen und Gesetzessprache vor.
Es soll 3 Gruppen von Adressaten von Gesetzestexten geben: juristische Fachleute, nicht-juristische Fachleute wie Verwaltungsfachkräfte und nicht involvierte juristische Laien. An eine dieser Gruppen soll sich eine Norm sich vorrangig richten. Diese Gruppe sollte dann maßgeblich sein für die Entscheidung was verständlich ist und was nicht. Mehr dazu im dem Bericht der Legal Tribune Online.
Aber wer bestimmt die Adressatengruppe? Bin ich als Steuerzahler involvierter, juristischer Laie im Steuerrecht? Muss ich den Wohngeldbescheid eines nicht-juristischen Fachmann aus der Verwaltung verstehen?
Für mich ist das kein Ansatz. Viele Gesetzesschreiber werden sich nur an die juristischen Fachleute wenden, weil es einfacher ist. Das Beamtendeutsch und die Fachsprache werden damit nicht beseitigt.
Hier einige Vorschläge:
- In einem ersten Schritt das Handbuch der Rechtförmlichkeit nicht nur in andere Sprachen übersetzen, sondern reformieren und vielleicht sogar in Leichte Sprache übersetzen. Das Handbuch der Rechtsförmlichkeit gibt Empfehlungen zu Form und Gestaltung von Gesetzen und Gestaltung. Hier kann die Sprache schon in die Empfehlungen einbezogen werden.
- Die Prüfung der Gesetzesredaktion ist verpflichtend für alle Gesetze und Verordnungen. Aktuell sind sprachliche Hinweise nur ein Vorschlag und können von den Ministerien übernommen werden, müssen es aber nicht. Insgesamt braucht die Redaktion im Bundesministerium der Justiz mehr Rückhalt, mehr Personal und mehr Geld.
- Verständlichkeitsprüfung von Gesetzen durch juristische Laien, ähnlich den Prüfern in Leichter Sprache. In einer Fahrschule kann die StVO oder die StPO geprüft werden, in Berufsschulen die Verordnungen für den eigenen Beruf, der Vereinsvorsitzende liest das neue Vereinsrecht.
Gag es da nicht mal den Vorschlag aus der Politik „eine Steuererklärung sollte auf einem Bierdeckel möglich sein“?
Lasst uns anfangen: Wir machen entweder die Bierdeckel größer oder die Fachsprache leichter.
Einfacher ist die zweite Möglichkeit. Wo sollen denn die Quadratmeter großen Bierdeckel lagern?